Hallo Häschen,
wie schnell die Zeit vergeht! (Heißt das wir werden alt???)
Am vergangenen Freitag war die Abschlussveranstaltung der diesjährigen Internationalen Wochen gegen Rassismus in München. Hier ist unsere ganz persönliche Sicht auf die dort gebotenen Veranstlatungen:
Los ging’s am Sonntag den 11. März mit dem dokumentarischen Theaterstück „Asyl-Monologe“. Michael Ruf, der Regisseur hat ein beeindruckendes Konzept entwickelt, beim dem die Schicksale von in Deutschland Asylsuchenden ganz im Vordergrund stehen. Die Schauspieler_innen Diana Marie Müller, Vincent Légitimus und Asad Schwarz-Msesilamba kamen ganz ohne Kulissen und Kostüme aus und schafften es allein durch ihre eindringlichen Texte uns eine zweistündige Gänsehaut zu verursachen. Musikalisch untermalt wurden die Monologe von den zarten Querflötentönen von Prisca Mbawala-Dernbach. Die Geschichten erschüttern und berühren so sehr, weil sie wahr sind.
Als nächstes stand unser eigener Workshop auf dem Programm und wie der gelaufen ist, kann im vorherigen Post nachgelesen werden.
Die dritte Veranstaltung war die Präsentation des Dokumentarfilms „Wo kommst du wirklich her?“ am Dienstag den 20. März. Die Regisseurin Christina Antonakos-Wallace war leider nicht anwesend, um den Film zu diskutieren, der die Mehrfach-Identitäten von jungen Menschen in Berlin und New York porträtiert und den Umgang mit Zuschreibungen sehr eindrucksvoll dokumentiert. Die beiden Awareness- und Empowermenttrainerinnen Pasquale Rotter und Kerstin Meißner waren da und haben sich im Anschluss an den Film den Fragen des (leider etwas trägen) Publikums gestellt. Die beiden sind stark in das Projekt with Wings&Roots involviert und benutzen den Film auch im Rahmen von Workshops.
Tags darauf, am Mittwoch den 21. gab es eine (leider geschlossene) Veranstaltung von den Münchner Schulen ohne Rassismus – SOR-SMC. Verschiedene Schulen haben ihre antirassistischen Projekte vorgestellt, uns wurde an dem Tag aber auch klar, dass es auch bei den Projekten mit den besten Intentionen noch einiges an Aufklärungsarbeit braucht. Oft wurde verallgemeinernd von Ausländern und „Menschen mit Migrationshintergrund“ gesprochen, was die Realität gewissermaßen ignoriert. Unser Eindruck war, dass es zum Teil an Selbstreflexion fehlt und wir empfehlen dringend eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Weißsein! Vielleicht ist dann auch beim nächsten Mal mehr diversity zu sehen….
Als nächstes gab es die immer empfehlenswerte Lesung des Standard-Nachschlagewerks „(K)erben des Kolonialismus. Wie Rassismus aus Wörtern spricht.“ am Donnerstag, den 22. März. An diesem Abend haben neben den Herausgeberinnen Nadja Ofuatey-Alazard und Susan Arndt auch die Autorin Prof.Dr. Maureen Maisha Eggers und der Spoken Word Künstler Philipp Khabo Köpsell vorgelesen. Schade war, dass es relativ wenig Zeit zum Lesen und diskutieren gab. Doch die vier schafften es trotzdem auf jede noch so ignorante Frage die passende Antwort zu finden (muss an der jahrelangen Erfahrung liegen…).
Schließlich folgte am Freitag den 23. März das große Finale mit (*Trommelwirbel*) der Fachtagung zum Thema „Rassismuskritische Bildungs- und Soziale Arbeit“. Wir waren fasziniert und beeindruckt von den Vorträgen von Maisha Eggers und Claus Melter, die von Barrierefreiheit bis zu Diversity Management alle Themen abgedeckt und auch die Diskussion mit ihren Denkanstößen bereichert haben. Zwischen den Vorträgen gab die Autorin Farah Melter einen kleinen Vorgeschmack auf ihre Lesung am Abend. Anschließend an die Vorträge gab es zwei heiß begehrte Workshops, geleitet zum Einen von Astride Velho (Thema: Auswirkungen rassistischer Diskriminierung) und zum Anderen von Modupe Laja und Jamie Shearer (Thema: Darstellung von Afrika und Schwarzen Menschen in Schulbüchern). Beide Formate waren (auch dank begrenzter Kapazität und Einmaligkeit des Angebots) sofort ausgebucht. Und wir haben währenddessen Nadja Ofuatey-Alazards Film „Perspektivwechsel II“ zu sehen bekommen und konnten diesen dann mit Maisha Eggers diskutieren.
Abends gab es dann eeeendlich die Lesung von Farah Melter! Ihr Buch „Rassis-Mus? Nein danke, ich bin satt!“ ist eine Sammlung von Kurzgeschichten über das wahre Leben und Erleben von Rassismus und Diskriminierung in Deutschland. Für viele Angehörige der Mehrheitsgesellschaft sicherlich gar keine so leichte Kost… Denjenigen mit Rassismuserfahrung werden die Texte bestimmt mehr als einmal ein (bittersüßes) solidarisches Lachen entlocken. In der Diskussion mit Farah Melter offenbarten sich bei einigen Anwesenden leider wieder die tiefsten Abgründe der Ignoranz, doch ein paar positive Kommentare waren eine wilkommene Überraschung.
Den krönenden Abschluss stellte die lang ersehnte Spoken Word Performance von Philipp Khabo Köpsell dar, der neben einer Auswahl aus seinem Buch „Die Akte James Knopf“ auch einige neue scharfzüngige Texte in seinem Repertoire hatte (Stichworte: Sarazzin; Blackface-Theater). Bei dieser atemberaubenden Darbietung blieb dann tatsächlich vielen AdMs das Lachen im Halse stecken. Uns liefen in regelmäßigen Abständen Schauer über den Rücken angesichts der hässlichen Wahrheiten, die Herr Köpsell in der Spoken Word Poetry so kunstvoll verpackt hat. Er hat es geschafft allein mit seiner Stimme und seiner Präsenz ein derart aufwühlendes Gefühlschaos zu verursachen, dass wir auch jetzt beim darüber-Schreiben wieder Gänsehaut bekommen!
Rundherum waren die Internationalen Wochen ein Erfolg, allerdings sind uns doch auch ein paar Dinge aufgefallen, die verbessert werden sollten. Dazu mehr im nächsten Post….
Bis demnächst, Peace!